Futternotstand bei den Bienen

07.02.2022, Claudia Kistler
Die Haltung von Honigbienen wird in Städten immer beliebter. Doch das Angebot an Pollen und Nektar hinkt hinterher und reicht nicht mehr für die Tausenden von Bienen. Daher sollte eine nachhaltige städtische Imkerei reguliert sein. Und es braucht mehr Grünräume mit reichem Blütenangebot für alle Bestäuber. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Schweizer Studie.

Summ, summ, summ – Bienchen summ herum! Honigbienen haben gemeinhin ein positives Image. Denn sie sind fleissig und erweisen uns mit ihrer unermüdlichen Bestäuber-Arbeit einen grossen Dienst. Dank ihnen können wir Jahr für Jahr Obst, Beeren und Gemüse ernten. Doch nicht nur die intensive Landwirtschaft macht den Bienen das Leben schwer, auch die Stadt ist für sie mittlerweile kein Schlaraffenland mehr.

Städtische Bienenhaltung liegt im Trend

Im Zuge der Urban-Gardening-Bewegung hat auch die Imkerei im städtischen Raum Einzug gehalten. Allerdings wird die Bienenhaltung hier eher als naturschützerische denn als landwirtschaftliche Tätigkeit angesehen. Doch seit einiger Zeit gerät sie in Kritik, denn die Anzahl Bienenstöcke hat weltweit in vielen Städten stark zugenommen, beispielsweise in London, Paris oder Perth. Zu stark, mahnen die Wissenschafter:innen. Denn das urbane Blütenangebot wächst nicht in genügendem Ausmass mit.

Bienenhaltung in Städten erfreut sich immer grösserer Beliebtheit.

Für die Schweiz wollten es Joan Casanelles-Abella und Marco Moretti von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL genauer wissen [1]. Sie fanden heraus, dass zwischen 2012 und 2018 die Anzahl Bienenstöcke in 14 Schweizer Städten* um das Dreifache zugenommen hat, von insgesamt 3'139 auf 9370. Die Zunahme war in den Städten unterschiedlich stark und reichte von einem Prozent in Thun bis zu 2’387 Prozent (!) in Lugano. Auch die Anzahl Standorte, an denen Bienenstöcke stehen, hatte zugenommen. Und hatte es 2012 noch knapp sieben Bienenstöcke pro Quadratkilometer, waren es 2018 bereits deren zehn.

Anzahl Bienenstöcke pro Jahr für alle 14 Schweizer Städte*. Jede Linie und Farbe steht für eine Stadt.
Die Wildbienen ziehen den Kürzeren

Städte weisen zwar mit ihren vielen verschiedenen Grünräumen eine hohe Biodiversität auf, wenn man mit den intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten vergleicht. Doch die Städte werden zunehmend baulich verdichtet, wobei der Grünraum schwindet. Wenn die Anzahl der städtischen Bienenhaltungen weiter steigt, verschärft sich die Situation des Futtermangels weiter. Insbesondere auch für die anderen Bestäuber, allen voran für die Wildbienen. Denn diese müssen sich mit der aggressiveren Honigbiene um das rarer werdende Futter balgen. Ein Streit, den die Wildbiene häufig verliert.

Der Blütenkopf bietet der Honigbiene (links) und der Baumhummel (rechts) viele Blüten für die Futtersuche. Häufig jedoch weichen Wildbienen den aggressiveren Honigbienen aus.

Die Autor:innen der Studie schlagen deshalb vor, die Zahl der Imker:innen (oder der Standorte) und die Dichte der Bienenstöcke zu regulieren und ausreichende Abstände zwischen den Bienenstöcken vorzuschreiben. Und natürlich muss das Futterangebot verbessert werden, indem man die Stadt begrünt und insektenfreundliche Lebensräume schafft. Damit wir uns weiterhin am Gesumme aller Bienen, den domestizierten und den wilden, erfreuen können.

* Die untersuchten 14 Städte waren: Basel, Bellinzona, Bern, Biel, Chur, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern, Neuenburg, St. Gallen, Thun, Winterthur, Zürich

 

Quelle

[1] Casanelles-Abella, J., & Moretti, M. (2022). Challenging the sustainability of urban beekeeping using evidence from Swiss cities. npj Urban Sustainability, 2, 3 (5 pp.). https://doi.org/10.1038/s42949-021-00046-6

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